Ein Karamellkäse, der eigentlich kein echter Käse ist
Norwegischen Braunkäse (norw. brunost) habe ich schon ganz am Anfang bei meinem ersten Aufenthalt in Norwegen kennengelernt. Er schmeckt einfach super lecker und ist mit herkömmlichem Käse geschmacklich nicht vergleichbar.
Norwegischer Braunkäse ist ein Sammelbegriff für typisch norwegische Molkekäsesorten, die eine bräunliche Farbe haben und als Hauptbestandteil Molke enthalten. Die bekannteste Sorte ist der Gudbrandsdalsost, daneben gibt es noch den Geitost und den Fløtemysost. Da der Karamellkäse aus karamellisierter Molke hergestellt wird, ist er kein Käse im herkömmlichen Sinne. Er hat einen deutlichen Karamellgeschmack und zeichnet sich durch seine hell- bis dunkelbraune Farbe aus.
Geschichte des norwegischen Braunkäse
Die ursprüngliche Variante von Braunkäse glich eher einem Aufstrich. Sie war sehr weich und streichfähig und nannte sich Prim. Er wurde bereits im 17. Jahrhundert von Petter Dass erwähnt in seinem Werk “Den Norske Dale-Viise.”
Die eigentliche Entwicklung von norwegischem Braunkäse entstand im Gudbrandsdalen in Norwegen und geht auf Anne Hov zurück, die als Bauernmädchen in einem Hof im Gudbrandsdalen arbeitete. Gudbrandsdalsost ist der bekannteste norwegische Braunkäse.
Anne Hov begann dem weichen, nur aus Molke bestehenden Prim, Sahne oder Sauerrahm hinzuzufügen und erhielt somit einen etwas festeren Käse mit höherem Fettanteil, den sogenannten Feitost. Feitost wurde zum Vorläufer des heutigen Gudbrandsdalsost, der in den 1880er Jahren die wirtschaftliche Situation im Gudbrandsdalen deutlich verbesserte. Später wurde dem Brunost auch Ziegenmilch hinzugefügt und neue Varianten entstanden.
Die erste sicher überlieferte Herstellung von Gudbrandsdalsost stammt aus dem Jahre 1850.
1933 erhielt Anne Hov im Alter von 87 Jahren als Auszeichnung für ihre Erfindung die königliche Verdienstmedaille in Silber.
Man muss jedoch anmerken, dass das Grundprinzip von karamellisiertem Molkekäse schon weit vor Anne Hov erfunden worden war und es zu ihrer Zeit ‒ abhängig von der Region ‒ ganz unterschiedliche Rezepte dafür schon gab. Soweit bekannt, waren dies jedoch nur Rezepte für den streichfähigen Prim. Der Zusatz von Sahne oder Sauerrahm, die den Käse halbfest werden lässt, wird auf Anne Hov zurückgeführt. Durch Anne Hov wurde somit ein altes Rezept modifiziert und über die Region hinaus bekannt und salonfähig gemacht. Und das ist ihr großer Verdienst. Siehe auch diese Publikation.
Herstellung von norwegischem Braunkäse
Hergestellt wird der Braunkäse hauptsächlich aus karamellisierter Molke, der Sahne oder Sauerrahm zugesetzt wird. Es wird hierzu Molke aus Kuh- oder Ziegenmilch verwendet. Auch eine Mischung der beiden Molkearten ist möglich. Molke ist die Restflüssigkeit, die bei der Käseherstellung von herkömmlichem weißem Käse entsteht. Von daher ist der norwegische Brunost kein Käse im ursprünglichen Sinne. Dennoch wird er wegen seiner Verwendung und seinem Geschmack umgangssprachlich als Käse bezeichnet.
Molke ist ein Restprodukt der Käseherstellung und enthält als Hauptbestandteile Wasser, Molkeneiweiß und Laktose (Milchzucker). Die Molke wird nun über mehrere Stunden hinweg schonend eingekocht, bis sie einen Trockenmasseanteil von etwa 80-82% erreicht hat. Der karamellartige Geschmack entsteht durch den Milchzucker, der durch den Herstellungsprozess leicht karamellisiert. Die Konsistenz von Braunkäse bezeichnet man als “halbfest”, da der Trockenmasseanteil noch weit unter 100 % liegt.
Durch den karamellisierten Milchzucker erhält der Braunkäse einen leicht süßlichen Geschmack. Im Vergleich zu weißem Käse enthält er sehr wenig Eiweißprotein.
Nach dem Einkochen wird der karamellisierten Molke nun Sahne oder Sauerrahm durch langsames Einrühren hinzugegeben.
Bei Käsemachen.de findest du ein Rezept aus karamellisierter Molke und Sahne für den leckeren norwegischen Karamellkäse.
Die Rolle des Eisengehaltes im norwegischen Braunkäse
Die Inhaltsstoffe von norwegischem Braunkäse bestehen aus Molke und Sahne oder Sauerrahm. Da die Molke traditionell auf Bauernhöfen in Eisentöpfen eingekocht wurde, enthielt der Braunkäse auch immer einen gewissen Eisenanteil. Der Eisenanteil entsprach laut der Norwegischen Ärztekammer durchschnittlich 16 mg Eisen pro 100 Gramm braunem Käse. Dadurch wurde der Braunkäse zu einer wichtigen Eisenquelle in der norwegischen Ernährung.
Mit dem Einsatz von Aluminium- und Stahlgefäßen in der modernen Produktion sank er auf weniger als 0,5 mg Eisen pro 100 Gramm. Um die Eisenversorgung der Bevölkerung wieder zu erhöhen, wurde Braunkäse ab 1944 präventiv Eisen angereichert. Im Jahre 2001 entschied die norwegische Behörde, dass eine Anreicherung von Eisen nicht mehr erforderlich ist.
Nach einigen Jahren wurde jedoch wieder für eine Sorte Braunkäse und Prim, die besonders Kinder und Jugendliche als Zielgruppe hat, Eisen zugesetzt.
Die Verwendung von norwegischem Braunkäse
Brunost wird gerne in dünn gehobelten Scheiben gegessen. Dazu verwenden die Norweger einen Käsehobler (norwegisch: osthøvel). Die dünnen Scheibchen werden gerne auf Knäckebrot oder hellem Brot gegessen, oft auch zusammen mit Konfitüre. Häufig werden hierfür Preiselbeeren oder andere rote Früchte verwendet. Auch Moltebeerenkonfitüre eignete sich hierzu. Sehr lecker macht sich der Käse auch auf den in Norwegen oft gegessenen Waffeln oder Pfannkuchen.
Gelegentlich wird der Brunost auch für Saucen verwendet, die dadurch einen leichten Karamellgeschmack erhalten, oft in Kombination mit Wacholderbeeren .
Dass der Braunkäse in Norwegen sehr beliebt ist, zeigt sich auch darin, dass rund 30 % des Käsekonsums in Norwegen durch Braunkäse abgedeckt wird.
Es lohnt sich auf jeden Fall, den leckeren norwegischen Karamellkäse zu probieren. Wer mag, kann sich an obig verlinktem Rezept ausprobieren und versuchen, den Käse in der eigenen Küche herzustellen. Mittlerweile gibt es in Deutschland zudem Bezugsquellen aus Norwegen für mehrere Sorten des orginalen norwegischen Braunkäses.
Nun wünsche ich euch viel Spaß beim Probieren dieser Delikatesse!
Quelle des Beitragbilds: istock.com von Olga Miltsova